Candelis Zelt

Es dauerte nicht lang, da hatte Mina einen erstaunlichen Schlag gelandet und der schwarze Löwe war tot. Candeli griff in das zottige Fell des toten Tieres und half ihrer Speerschwester wieder frei zukommen.
Jetzt konnten beide Luftholen und sich ansehen, was der Löwe mit dem Aiel angerichtet hatte. Viel war nicht mehr zu erkennen. Candeli kniete sich neben den Toten.

"Es war keiner aus der Siedlung... Ob er zu uns wollte?"

Mina zog etwas Hosenstoff in Streifen um ihre Beinwunde ersteinmal zu versorgen. Die Wunde war klein, aber tief. Als Candeli sie Fragte, woher der Aiel wohl kam, sah Mina ihn sich kurz an.
"Ich weiß nicht. Vielleicht wollte er zu uns. Soweit ich weiß ist in größerem Umfeld keine Aielfestung oder ein anderes Lager. Vielleicht hat er einen Ort gesucht, an dem er sichausruhen kann, vielleicht auch einem ort, an dem er leben kann. schade, dass wir nicht früher hier waren. Vielleicht hätten wir ihn retten können. Aber das Leben ist ein Traum. Irgendwann wacht man auf. Und im Kampf aufzuwachen ist wohl besser als alt und schwach im Bett."
Mina wendete sich wieder ihrem Verband zu. Die Wunde blutete stark, aber sie hoffte, das der Löwe keine Schlagader getroffen hatte.

"Also der Löwe hatte ganz schönen Mindgeruch. Hätte der mich noch länger so angebrüllt, wäre ich vielleicht vom Gestank gestorben", versuchte Mina zu witzeln.

Candeli lachte auf, als Mina zu scherzen begann. "Lauf du schon mal zurück und wasch deine Wunde aus. Ich werde den Löwen noch ein wenig von seinem überflüssigen Fleisch befreien. Wenn du jemanden findest der mir helfen kann...?" Candeli ließ den rest der Frage im Raum stehen. Mina würde wissen, was sie meinte.
Es hatte viel zu selten Fleisch gegeben, in der letzten Zeit, dennoch war oft -gerade dann wenn man jemanden brauchte, der helfen konnte, niemand aufzutreiben.
Es gab zu viel zu tun und die Gegend war ja auch recht weitläufig...

Mina verband sich noch schnell und dann lief sie los in Richtung der Zelte.
Hoffentlich war das unser gesuchter löwe und es läuft kein zweiter in der gegend herum, dachte Mina und lief weiter auf die Siedlung zu.
Nach kurzer Zeit bemerkte sie, wie trotz des Verbandes das Blut ihr Bein hinunterlief. Kurz darauf musste sie langsamer laufen, da ihr die Kraft fehlte.
Das kann doch nicht sein, so eine kleine Verletzung
Als Mina die Siedlung erreichte stützte sie sich auf ihren letzten Speer. Sie musste zu den Zelten der Weisen Frauen, die konnten ihr helfen.

[OOC: Malinda - Weise Frau, siehe Ogierbibliothek > Weise Frauen]

Malinda machte gerade einen Spaziergang durch die Siedlung, als sie schon von weitem einen Aiel auf die Siedlung zu humpeln sah. Sie lief dem Aiel entgegen und erkannte schon bald, das es sich um Mina handelte, einer Far Dareis Mai. Offensichtlich war sie am bein verletzt. Ihre Hose war schon dunkelrot vor Blut. Malinda half Mina zu den zelten der Weisen Frauen. Dort schnitt sie ihre Hose auf, entfernte den verband und reinigte die Wunde mit klaren Wasser.
"Malinda, Weise Frau. Könnt ihr bitte nach einem anderen Aiel schicken? Candeli braucht Hilfe", sagte Mina, trotz der Versuche von Malinda sie ruhig zu stellen.
Malinda atmete kurz tief ein, dann sagte sie:
"Na gut. Ich muss sowieso in die Feuchtländersiedlung. Der Wirt in der schenke hat ein paar Kräuter die dir gut tun werden. Aber du musst mir versprechen hier liegen zu bleiben."
Mina überlegte nicht lange. Candeli brauchte Hilfe.

"Ich verspreche es"

Malinda nickte und machte sich auf den Weg in die Feuchtländersiedlung.

Als Mina losgelaufen war, wandt sich Candeli sofort dem toten Löwen zu. Sobald das Fleisch in der Siedlung war, sollten sie sich um den toten Aiel kümmern.
Die Far Dareis Mai schnitt mit ihrem Messer einen weiteren Brocken Fleisch ab. Ihre Hände waren bereits blutverschmiert, doch das störte sie nicht. Was sie allerdings störte, war die Tatsache dass ein so ausgehungerter Löwe auch Menschen auf dem Zemaifeld angreifen konnte...
Natürlich waren schwarze Löwen Einzelgänger und die Wahrscheinlichkeit das so schnell wieder einer auftauchte war gering. -Dennoch, sie sollten die Feuchtländer darauf aufmerksam machen.

Anaein wollte gerade Wasser holen um es in eines der Dampfzelte zu bringen, als sie leise Kampfgeräusche wahrnahm. Sie würde nicht mitkämpfen dürfen, doch sie näherte sich vorsichtig um zu schauen was dort los war. Als sie ankam, war allerdings nicht mehr viel übrig von dem Kampf und sie trat auf den am Boden liegenden Löwen und auf Candeli zu. Sie bewegte sich leise und fiel trotz der weißen Farbe ihres Gewandes nicht auf. Natürlich bemerkten die Aiel sie trotzdem, aber das war wohl auch nicht schwer für einen Aiel. Nur, dass die Gaishain eben mit Absicht übersehen wurden. Sie taten ihren Dienst, arbeiteten ihr Toh ab und wollten und sollten dafür kein Ji ernten. So kniete sie sich neben den Löwen und begann ihn zu zerteilen, wobei sich ihr Gewand rot färbte, sie würde es gleich, wenn sie hier fertig war wechseln und waschen müssen, damit es weiß blieb.

Candeli konnte nicht obhin der Gai'shain, die sich neben sie gekniet hatte, zuzulächeln. Sie fragte nicht, ob Mina sie geschickt hatte oder ob Anaein sie selbst aufgespürt hatte.
Die junge Aiel war noch nicht lange in der Siedlung, soweit Candeli wusste hatte sie es noch nicht einmal geschafft ihr Zelt aufzustellen.
Sorgfälltig schichteten sie nun gemeinsam das Fleisch, was sie vom Löwen trennten auf. Es würde heute eine gute Mahlzeit geben.

Anaein bemerkte das Lächeln Candelis und sah sie kurz an um dann mit der Arbeit fortzufahren. Sie würde noch eine Weile als Gaishain verbringen. Vor ihr lag der Aiel, einer der roten Schilde, bei dem sie ihr Toh abzuarbeiten hatte. Sie sah ihn an, seine leblosen Züge. Ihr Gesicht verhärtete sich und sie erlaubte sich keine Bewertung und keinen Gedanken darüber, mal davon abgesehn, dass sie nachdachte, wer diesem Rotschild am nächsten stand, bei wem sie ihr Toh abarbeiten konnte, nun, da er tot war. Sie entschied sich für die Weisen Frauen, da sonst von niemandem wusste, der hier war und ihm näher stand als die Mitglieder seiner Septime. Sie würde den Aiel beerdigen, wie er es verdient hatte, sobald sie mit dem zerteilen des Löwen fertig war.

Erst als Candeli den Blick von Anaein zu dem Toten sah, begriff Candeli. Der tote Rotschild. "Warst du seine Gai'schain Anaein?", fragte sie nun. Ihr Hände arbeiteten weiter, aber ihre Augen hingen an dem Gesicht der anderen.
Die Arbeit ging zügig voran und bald schon hatten sie ein drittel des Löwen zerlegt.

Anaein nickte. Ihre Züge änderten sich nicht im geringsten. "Ich war Kalens Gai'shain und ich bin es, bis ich ihn begraben habe. Dann werde ich zu den Weisen Frauen gehn.", ihre Hände arbeiteten flink weiter und sie wendete ihren Blick wieder auf ihre Arbeit um alles schneller hinter sich bringen zu können.

Malinda sah Mina verdutzt an, als sie erwähnte, das die Gai`shain des Rotschildes anscheinend nun kein Gai'shain mehr war.
"Wieso sagst du das. Auch wenn sie Shaido ist, wird sie ihr Jahr und ein Tag abdienen." sagte Malinda.
"Wenn der Aiel, der sie im kampf berührt hat ein Rotschild war und hier in der nähe auf der jagd, dann ist er jetzt wahrscheinlich tot. Candeli und ich haben einen Löwen getötet, der einen Aiel getötet hat, anscheinend ein Rotschild. Und ich weiß von keinem anderen Rotschild in der Nähe der Siedlung", erklärte Mina.
"Daher stammen also deine Verletzungen. Von einem Kampf mit einem Löwen. Seid ihr etwa deswegen heute früh losgegangen? Um den Löwen zu jagen? So etwas unvernünftiges!"
"Es war nur vernünftig. Der Löwe ist öfter in der Nähe der Siedlung gesichtet worden. Die Tatsache, das er den Rotschild angegriffen und getötet hat, ist ja wohl Beweis genug, das er die Feuchtländer und auch uns Aiel hier gefährdet hat. Das konnten wir nicht zulassen. Du hättest noch mehr Aiel in deinem Zelt behandeln müssen und weitaus mehr Menschen wären gestorben, wenn wir den Löwen nicht getötet hätten. Jetzt haben wir einen kleinen Fleischvorrat für die Siedlung und vielleicht noch ein Löwenfell."
Die weise Frau war Überrascht von Minas energischer Rede. Sie hielt den Mund und untersuchte Minas Wunde.
"Ein Stück seiner Kralle steckt in deinem Bein. Ich muss es rausholen."
"Dann mach weise Frau."
Malinda nickte nur und reichte Mina eine Oosquai-Flasche.

Anaein schaute sich um und suchte Malinda um ihr zu berichten, sollte sie noch nicht Bescheid wissen und um sie zu fragen, ob sie der Beerdigung Kalens beiwohnen wollte. Sie fand sie, wie sie Mina in ihrem Zelt versorgte und wartete schweigend, bis sie ihre Arbeit beendet hatte.

Anaein half der Weisen Frau so gut sie es eben konnte und nickte auf ihre Frage ohne sie anzublicken. "Ja es ist Kalen. Candeli hilft mir dabei, ihn zu beerdigen und das Grab sollte bald fertig sein. Das wollte ich euch mitteilen, damit ihr der Beerdigung beiwohnen könnt." Die junge Shaido sah die Weise Frau nun an und hoffte, dass diese sie später zur Gai'shain machen würde, wenn sie darum bat.

[OOC: ich halte meine eigenen Regeln nicht ein ]

Malinda sah die Gaishain kurz an, dann sagte sie: "Ich wasche mir nur schnell die Hände, dann komme ich mit dir. Mina braucht nun einfach nur noch Ruhe. Mit der Menge Oosquai, die sie auf einmal getrunken hat, wird sie sicher gleich einschlafen."
Malinda tat, wie sie gesagt hatte und ließ die inzwischen schlafende Mina ihn ihrem zelt zurück.
Gemeinsam mit Anaein ging sie zu Candeli. Insgeheim fragte sie sich schon, warum Anaein immer noch das Gai'shain weiß trug, wenn Kalen bereits aufgewacht war.

Malinda hatte Kalen schon als kleinen Jungen gekannt. Er war schon immer tapfer gewesen und stark. Sie hatte gehofft, er würde sie fragen nach Rhuidean gehen zu können und dort die Prüfung zum Clanhäuptling machen zu können. Denn Kalen war auch sehr gescheit gewesen, er wäre ein würdiger Clanhäuptling geworden.

Es waren einige Stunden vergangen, seit dem Kalen unter der Erde lag und es war längst dunkel geworden. Candeli hatte einen nächtlichen Lauf durch die kalte Nachtluft hinter sich. Das hatte sie gebraucht. Seit Tarmon Gai'don vorbei war und sie hier neue Hoffnung schöpften nahmen sie solche Ereignisse mehr mit als früher. Sie hatte erlebt, wie Feuchtländer mit dem Tod umgingen und sie war weich geworden. Eines Tages würde sie wieder stark sein, aber jetzt war es Zeit nach Mina zusehen.
Candeli hatte diese nicht in ihrem Zelt angetroffen. Sicherlich war sie noch immer bei den weisen Frauen.
Sie traf Malinda, die draußen stand und zu dem Mond aufsah. Leise summte sie ein Klagelied vor sich hin. Die Tochter des Speers erkundigte sich nach Mina und schlüpfte kurz darauf zu Mina ins Zelt.

"Hallo Mina, wie geht es dir?"

Mina war langsam wach geworden. Sie hörte laute vor dem Zelt. Sicherlich stimmte jemand ein Trauerlied an. War es die Gaishain, die nun frei war? Oder Malinda? Sie hatte gesagt, sie kenne den Rotschild.
Mina hatte öfters versucht aus dem zelt zu entwischen, doch malinda hatte sie jedes mal aufgehalten und ihr Ruhe verordnet.

Schließlich kam Candeli ins Zelt und erkundigte sich nach ihr.
"Ich sehe dich Candeli. Mir geht es recht gut, wenn nur die alte.... weise Frau das auch so sehen würde. Ich würde gern in meinem Zelt liegen. Ganz ehrlich, Malinda geht mir auf die Nerven." Mina senkte die Stimme, als sie den letzten Satz aussprach.
Dann richtete sie sich in eine sitzende Position auf.
"Ich wundere mich warum ich hierbleiben muss. Er hat mich nur am Bein verletzt. Malinda hat die Wunde versorgt, heilen kann sie von alleine."

"Sie will dich nicht gehen lassen? -Vermutlich wollte sie dich nicht allein gehen lassen.... Ich begleite dich zu deinem Zelt. Ich glaube nicht, das Malinda uns aufhalten wird. Sie trauert um Kalen. -Komm."

Candeli reichte Mina die Hand, so dass diese jene ergreifen konnte und Candli sie auf die Füße ziehen konnte.

Mit einem "Danke" ergriff Mina Candelis Hand. Jedoch musste sie sich gleich an ihr festhalten um nicht gleich wieder umzufallen.
"Ich bin wohl zu weich geworden", murmelte sie und stützte sich leicht bei Candeli ab. Gemeinsam verließen sie Malindas zelt und schlichen an Malinda vorbei, die sie nicht zu beachten schien. Mit Candelis Hilfe gelangte Mina in ihr Zelt.

Die Sonne ging auf, ein neuer Morgen brach an und Candeli räkelte sich ausgiebig. Gestern war ein anstrengender und trauriger Tag gewesen. Heute würde es im Wirtshaus Löwenbraten geben. Die Aiel beschloss, sich gleich auf den Weg in die Häusersiedlung zu machen...
So konnte sie auch gleich ein Blick auf die Zemai-pflanzen werfen, denn sie kam am Feld vorbei.
Wenige Augenblicke später, stand Candeli für den Tag gerüstet in der Morgensonne vor ihrem Zelt.

Der Löwenbraten war wirklich schmackhaft gewesen. Sie mussten die kleine Häsin wohl vor Anaein beschützen.... und ein neuer Anwärter war in die Siedlung gezogen.
Viel hatte dieser Tag mit sich gebracht. Gutes so wie schlechtes. Morgen würde sich schauen, wo der Anwärter sein Zelt aufgestellt hatte.

Candeli rieb sich den Sand aus den Augen. Was war das nur für ein Sandsturm gewesen. Hoffentlich ging es allen gut...

Die Jindo rappelte sich auf und begann mit einem Rundgang durch die Siedlung.